Licht ist ein Symbol für Sicherheit, Wohlstand und Modernität. Und so kommt es, dass wir nur selten nachts in einen stockfinsteren Himmel blicken: Nicht nur im städtischen Raum wird der Himmel ab den Abendstunden von künstlichem Licht erhellt. Leuchtreklame, Straßenlaternen, aber auch beleuchtete Sportstätten oder privaten Gärten stören die Finsternis und das gesamte Ökosystem. Die Folgen der sogenannten Lichtverschmutzung sind weitreichend – Pflanzen, Tiere, aber auch wir Menschen leiden darunter.
Der Lichtsmog nimmt auch in Bayern zu
Überall auf der Welt wird die Nacht heller – selbst bei uns. Eine Langzeit-Studie des Helmholtz-Zentrum für Geoforschung (GFZ) aus dem Jahr 2018 kam zu dem Ergebnis, dass sowohl die Fläche als auch die Helligkeit des Lichtes bundesweit zunimmt. Bayern zählt in dieser zu den Bundesländern, die pro Jahr drei bis vier Prozent heller werden.
Wer wissen will, wie groß die Lichtverschmutzung am eigenen Wohnort ist, kann auf der Website lightpollutionmap.info nachschauen. Dort werden stark verschmutzte Gegenden auf der Weltkarte rot angezeigt.
In Deutschland zählt Kunstlicht je nach Art und Ausmaß seit 2011 als schädliche Umwelteinwirkung; festgehalten ist das im Bundesimmissionsschutzgesetz. Ziel des Gesetzes ist neben dem Schutz des Menschen auch der Schutz von Tieren und Pflanzen vor schädlichen Lichtimmissionen.
Wortklauberei
Wenn von „Lichtverschmutzung“ die Rede ist, ist keinesfalls schmutziges Licht gemeint. Der Begriff beschreibt die zunehmende Aufhellung des Nachthimmels durch künstliche Lichtquellen. Insbesondere schlecht konstruierte Außenbeleuchtungen sorgen für den sog. „Lichtsmog“, der Menschen den Schlaf und Tieren die Orientierung raubt.
Auswirkungen auf Mensch und Umwelt
Flattern bis zur Erschöpfung
Das natürliche Licht der Nacht entsteht seit mehr als 13 Milliarden Jahren durch Milliarden von Sternen, das Mondlicht und die Planeten unseres Sonnensystems. Dieses natürliche Licht der Nacht dient den Insekten und Tieren als Orientierung und innere Uhr z. B. für den Winterschlaf.
Füchse sind in erster Linie dämmerungs- und nachtaktive Tiere und auch andere Tiere, wie Steinmarder, Igel, Eulen, Mäuse und Co, Insekten und Vögel treiben nachts ihr Unwesen. Sie werden durch künstliches Licht in ihrem Tages-Nacht-Rhythmus und bei der Orientierung gestört. "Lichtverschmutzung ist wahrscheinlich eine Hauptursache des globalen Artensterbens", sagt Chronobiologin Stefanie Monecke. Beispiel Straßenlaterne, wo man oft dichte Insektenschwärme sehen kann: “Das Licht zieht abertausende Insekten an, die um die Lichtquelle surren, ermüden oder verbrennen. Die ganze Nahrungskette gerät damit durcheinander: Die Tiere, die Insekten im Dunkeln jagen, finden weniger Nahrung.” Auch Paarung und Blütenbestäubung bleiben aus.
Tagaktive Organismen müssen sich nachts regenerieren, so auch Pflanzen. In der Nacht erholen sie sich von der Photosynthese und den Anstrengungen, kaputte Blätter und Stängel zu regenerieren. Dauerbeleuchtete Pflanzen werden außerdem weniger bestäubt und bilden so weniger Früchte aus. Der Rhythmus der Jahreszeiten wird gestört. Künstliche Beleuchtung kann so ganze Ökosysteme stören und aus dem Gleichgewicht bringen.
Schlecht für den Schlaf
Zu viel Kunstlicht schadet auf Dauer auch dem Menschen. Unser Schlafrhythmus gerät insbesondere von dem blauen, kalten Licht das Leuchtreklamen, moderne Straßenbeleuchtung, aber auch Smartphones und Co. ausstrahlen aus der Bahn, teilweise dauerhaft. Das Hormon, Melatonin, das für unseren Tag-Nacht-Rhythmus verantwortlich ist, wird nämlich nur bei Dunkelheit von unserem Körper produziert, genau wie bei anderen Wirbeltieren.
Astronomie schlägt Alarm
Auch für die Wissenschaft und Forschung ist Lichtverschmutzung ein Problem. Pro Jahr nehme die Himmelshelligkeit im weltweit ermittelten Durchschnitt um 9,6 Prozent zu. Zu diesem Ergebnis kommt eine im Fachmagazin »Science« veröffentlichte Analyse, für die Wissenschaftler die Beobachtungen von 51.351 Menschen – vor allem in Europa und Nordamerika – zwischen 2011 und 2022 ausgewertet haben. Und damit sind immer weniger Sterne mit bloßem Auge sichtbar.
Die Astronomie stellt das vor große Probleme. Denn die sensiblen Optiken der großen Teleskope sind auf eine möglichst dunkle Umgebung angewiesen, um auch schwache kosmische Lichtquellen sehen zu können. Doch das Streulicht von irdischen Lampen, aber auch orbitales Streulicht von Satelliten und Weltraumschrott schränken diese Möglichkeiten immer weiter ein. Wie stark astronomische Observatorien weltweit von der Lichtverschmutzung betroffen sind, hat das Institut für Technik und Lichtverschmutzung in Italien 2022 untersucht und Alarm geschlagen.
Initiativen gegen Lichtverschmutzung
Earth Night
Jedes Jahr im September findet weltweit die Aktion "Earth Night" statt. Ab 22 Uhr sind wir dann dazu aufgerufen, das Licht zu reduzieren. Die Innenbeleuchtung muss deshalb nicht komplett ausgehen. Gardinen und Jalousien vor den Fenstern und ein bewusster Lichteinsatz genügen vollauf.
Paten der Nacht
Die Initiative "Paten der Nacht" ist in Deutschland und Österreich aktiv, um das Bewusstsein für die negativen Auswirkungen für Pflanzen und Tiere von zu viel Licht zu steigern und mittels „Patenschaften“ aktiv etwas dagegen zu tun.
Wanderung zu den Sternen
Seit 2014 darf das UNESCO-Biosphärenreservat Rhön den Titel“internationaler Sternenpark” tragen. Mit Vorträgen, Sternenwanderungen und jeder Menge Tipps, wie man sein Lichtkonzept am Haus und im Garten optimieren kann, versucht der Verein Natur- und Lebensraum Rhön e. V., der die Internetseite pflegt, Menschen für das Thema zu sensibilisieren.
ERBA: Insektenfreundliches Licht
Für die Landesgartenschau 2013 wurde das ERBA-Gelände in Bamberg in sanftes Licht gehüllt. Das Gelände sollte ausreichend ausgeleuchtet, Tiere und Natur sollten aber nicht gestört werden. Deshalb wurden die 85 Lichtstelen relativ niedrig angebracht, sodass der Abstand zu den Baumkronen, wo die Insekten sich aufhalten, möglichst groß ist und die Anziehungskraft gering. Zum Einsatz kamen Halogenmetalldampflampen – deren spektrale Lichtbreite werden von kleinen Tieren nur teilweise wahrgenommen.
Umweltfreundliche Beleuchtung in Gemeinden
Bei der Beleuchtung von Straßen, Wegen und Parkplätzen ist die Investition in sparsame LED-Technologie in vielen Gemeinden bereits geschehen. Bei der Lichtplanung sollte neben der Energieeffizienz aber auch wichtige Parameter, wie zielgerichtete Lichtlenkung, eine angepasste Lichtmenge und warme Lichtfarben Berücksichtigung finden. Denn, wenn die sparsame LED zum Anlass genommen wird, das Beleuchtungsniveau zu erhöhen, ist nichts gewonnen. Für umweltfreundliche Beleuchtung gibt es sogar Geld vom Staat.
Holen Sie die Nacht zurück
Naturnahe Gärten liegen im Trend und bieten Insekten, Vögeln, Nagetieren und anderen Lebeweisen ein reichhaltiges Nahrungsangebot und einen Rückzugsort. Nicht selten findet man leider auch dort Lichterketten und Solarleuchten. Was nett aussieht, stört, blendet, verwirrt und beeinträchtigt nachtaktive Insekten, Fledermäuse und Co, da sie auf die natürliche Schwachlichtumgebung der Nacht angepasst sind. Regenwürmer beispielsweise kommen zur Paarung an die Oberfläche und brauchen dazu absolute Dunkelheit. Deshalb verzichten Sie besser auf jede dekorative Lichtquelle.
Wo Licht gebraucht wird, um Wege und Eingangsbereiche temporär zu beleuchten, sollte auf eine zielgerichtete Beleuchtung geachtet werden. Hier sollte warmweißes oder bernsteinfarbenes Licht zum Einsatz kommen. Daneben bringt der Einsatz intelligenter Lichtsteuerung nicht nur zusätzliche Einsparungen, sondern sorgt dafür, dass nur dann beleuchtet wird, wenn das Licht auch benötigt wird. Gerade Wege, die nachts kaum genutzt werden, müssen so nicht durchgehend ausgeleuchtet werden.
Viele weitere Tipps, wie Sie die Nacht rund um Ihr Zuhause zurückholen können, haben wir in unseren Energiespartipps zusammengestellt.